(12) spätes Mittelalter – Was gab es ab wann? Beschreibung ganzer Kleidungsstücke 15./ und 16. Jahrhundert

Beschreibungen ganzer Bekleidungen oder Kleidungsstücke im Spätmittelalter und Wissenswertes zum Goller

💡 💡 💡 Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber mich haben diese Beschreibungen echt beeindruckt. Und zwar im Hinblick auf: „es kann gar nicht prunkvoll genug sein“! Seid kreativ, seid bunt – es gibt nichts, was es zu dieser Zeit nicht gegeben hätte 😉

  • 1470 (Gewandbeschreibung Bern)
    „Anno 1470…traten wir vier, Adolf Knoblauch, Bernhard Rorbach, Heinrich Ergersheim und Philips Katzmann …und noch Hans Weiß auf in grünen Hosen und Gugeln, schwarzen Barchent Wämsern, zerschnitten und unterfüttert mit grünem Daffet (Seidentaft) und kurzen grauen Mänteln und in Hosen, Gugel und Koller Flammen in rot und weiß. Weiter haben sich diese Fünf gekleidet in gar ein seltsam Tuch, als ob es graugrün, rot und gelb wäre (changierend), in der rechten Hosen-, Gugel- und Kollerseite eine Farbe rot und weiß und inmitten dieser Farben sonderbare Knöpfe – rote oder weiße Scheiben mit silbernen Buckeln und herabhängenden weißen und roten Troddeln – auf der Hose 12, der Gugel 3 und dem Koller 1 Stück, auf dem rechten Ärmel 3 extra große.
    Dann machten Philips Katzmann und Bernhard Rorbach rote Kleider, Hosen und Gugeln, die waren aus zerschnittenem schwarzen Barchent (Baumwoll-Leinengewebe), unterfüttert mit rotem Daffet, dazu weißgraue Mäntel und auf dem rechten Hosenbein aufgestickt einen silbernen Skorpion und vier silberne „M“ und auf der Gugel auch ein silberner Skorpion und vier silberne „V“.
    💡 Dandys im Spätmittelalter 😉
  • 1493 Augsburg
    Almerlin-Blog2018-12_augsburger-monatsbilderAugsburger Monatsbild
    Da wurde in Augsburg die Hochzeit eines Zinkenbläsers Baruch mit der Tochter des Bäckers Veit Grundlinger begangen. Das Kleid der Braut bestand aus lauter einzeln zusammengesetzten Stücken farbigen Stoffes und blauer Seide; die Nähte waren mit goldenen Spangen besetzt; der Saum des Oberrockes umfasste eine breite Goldspange, und der Unterrock war mit köstlicher Arbeit gar fein genäht. Um die Taille schlang sich gleichfalls eine Goldspange und die Armbänder waren mit Edelsteinen besetzt. Die Strümpfe waren mit goldenen Fädlein gebunden, die Schuhe mit Silberblech belegt. Der Bräutigam hatte ein grünes Röcklein an, große Schnabelschuhe und um den Hut eine breite Goldspange.
    💡 wie gesagt, ein Zinkenbläser mit einer Bäckerstochter!
  • 1512 (Lebenslauf Herzog Heinrich von Sachsen)
    …und war die Hochzeitskleidung fast seltsam, von etlichen hundert Stücken zusammengesetzt. Die Hauptfarbe war rot und gelb, lange Strichelchen, eine halbe Elle lang und ein Viertel breit, gegeneinander gesetzt, darauf nach der Quere, dazwischen Striche zwei Finger breit, schachbrettweise von den Farben zusammengestickt und genäht, als nämlich Rosinfarbe, Gelb, Aschfarbe und Weiß. Solche Kleidung nahm viel Arbeit und war alles Buntwerk.

Goller

Almerlin-Blog2018-12_duerer_gollerAlbrecht Dürer hat hier einen sehr einfachen Goller ohne Stehkragen gezeichnet
Im ausgehenden 15. Jahrhundert trat neben das ganz tief ausgeschnittene Kleid mit den hochgeschlossenen Hemden oder Halshemden ein Kleid mit etwas kleinerem viereckigen -Ausschnitt. Diese beiden Kleiderformen ergänzte häufig ein sehr reich geschmückter großer Umlegekragen, der sozusagen aus zwei Kragen zusammengesetzt war: einem breit aufliegenden runden Schulterkragen und einem kleinen hochstehenden Halskragen. Dieses Kleidungsstück, das vorne zugehakt oder zugeknöpft wurde, nannte man Goller. Es war in seinen verschiedenen Formen (als Kragen, unter den Armen zusammengebunden, ganz in ein kurzes Jäckchen umgewandelt, mit oder ohne kleine Ärmel) ein für die bürgerliche Frauentracht ebenso charakteristisches Kleidungsstück wie die Schaube für die männliche Kleidung und wurde bis über die Mitte des 17. Jahrhunderts getragen. Während dieses Goller noch 1463 von Leipzig verboten wurde, erscheint es schon 1478 in derselben Stadt als selbstverständliches Kleidungsstück und wird gleichzeitig vom Nürnberger Rat geradezu anbefohlen. Die verbotenen tiefen Kleiderausschnitte sollen durch geschlossene Goller verdeckt werden (vor 1480). Die Goller waren aus Brokat, Samt, Atlas und Damast aber auch aus Wollstoffen gefertigt. Man besetzte sie mit Borten und Pelz und bestickte sie mit Gold, Silber und Perlen. (Leipzig 1478 Nürnberg vor 1480). Nicht nur mit Knöpfen oder Haken, sondern auch mit Samtschleifen wurde es geschlossen.
💡 für mich war der Goller immer ein unerläßlicher „Dekolleté-Schutz auf den Märkten. Ich hatte ihn passend zum tiefausgeschnittenen Gewand im gleichen Stoff mit kleinem Kragen und unter den Ärmeln gebunden – quasi wie heute der „Minibolero“. Denn merke: Dekolleté, Füße und Hände warm = Frau ist warm 😉

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