(7) Spätes Mittelalter 14. bis 15. Jahrhundert: Alles zum Thema wieviel Prunk darf sein? Ein Jeder trage bittschön standesgemäße Kleidung

Eine durchaus vergnügliche Reise diesmal durch die unstandesgemäße Prunkhaftigkeit und Protzerei „authentischer“ mittelalterlicher Gewandung des 14. bis 15. Jahrhunderts – recherchiert in Kleiderordnungen, aber auch Polizeiordnungen und Chroniken, Predigten…

Almerlin-Blog2018-WRM0113um 1450prunkvolle Gewandung – Samt Pelz Brokat – um 1450
💡 Leider ist es sehr schwer, dazu Abbildungen zu finden, da Gemälde und Tafelbilder immer von gut Betuchten in Auftrag gegeben wurden, die natürlich die „gottgegebenen standesgemäßen Unterschiede“ dargestellt haben wollten (kleiner, einfach gewandet), auch in Büchern sind Standesunterschiede deutlich sichtbar gemacht, mal abgesehen von prunkvoll ausgestatteten kirchlichen Würdenträgern, deshalb gibts hier „nur“ was zu lesen, aber das lohnt sich und ist im Hinblick auf die Darstellung wirklich lesenswert!
💡 für mich war jedenfalls sehr schnell klar: es kann gar nicht prunkvoll genug sein!

Johannes Geiler von Kaysersberg beschrieb in seinen Augsburger Predigten 1488 eindrucksvoll:
„…sondern es begehrt ein jeder höher zu steigen: der Bauersmann will ein Bürger sein, der Bürger ein Edelmann, der Edelmann ein Graf, der Graf ein Fürst, der Fürst ein Herzog, der Herzog ein König und also fort anhin.“
Johannes Agricola schreibt:
„was der Bauer sieht vom Bürger, das will er ihm gleichtun, was der Bürger vom Edelmann sieht, das will er ihm gleichtun…so dass es Schmuck und Pracht ein großes Übermass genommen haben.“
Das bezog sich vor allem auf die Festtagskleidung, nicht auf die Alltagskleidung.

  • Schultz Minnesänger I/232
    Auf jeden Fall im 13.Jhd. konnte man Edelsteine aus Glas nachahmen. Auch die Goldfassung war nicht immer echt.

  • 1322 (Anonymus Leobiensis) Es begann damals auch, dass Knechte und Hörige farbige Seide trugen, gegen die alten Gewohnheitsrechte der Ritter.
  • 1350 (Limburger Chronik)
    Ritter und Knechte trugen zu festlichen Anlässen an ihren Ärmeln lange Lappen bis auf die Erde, die mit verschieden Pelzwerk gefüttert waren, wie es eigentlich nur den Herren und Rittern geziemt.
  • 1356 (Frankfurt a. M.)
    Auch sollen Männer und Frauen nicht mehr als zwei Ringe an ihren Fingern tragen.
    Sie sollen keinerlei Verbrämung an ihren Kleidern tragen, weder unten, noch oben an Röcken, Ärmeln oder Ausschnitten, an Mänteln der Gugeln. Auch sollen Mannsbilder kein Seidengewand tragen.
    Auch sollen alle Männer und Frauen ihre Kleidung nicht mehr mit Seide besticken.
  • um 1356 (Ratserlass von Speier)
    Auch soll Keine Gold, Silber, Edelsteine oder Perlen tragen an ihren Mänteln, Röcken oder Gugeln, weder an Bänder, Fürspanen oder an Gürteln. Es soll auch keine einen Rock oder Mantel verbrämen mit Pelzwerk, Buntwerk, mit Seide oder Sendel breiter als zwei Fingerglieder, nur oben und nicht unten; es soll kein Rock oder Mantel von innen verbrämt sein. Und es sollen auch ihre Mäntel oben nicht mit Gold, Silber und Perlen verziert sein.
    Keine soll an Gugeln, Mänteln oder Röcken in Seide gestickte Buchstaben, Vögel oder dergleichen tragen. Noch soll einer, der kein Ritter ist, tragen silberne oder goldene Borte oder Bänder um den Kugelhut gewunden oder Gold, Silber oder Perlen tragen an Kugelhüten, Röcken, Mänteln, an Gürteln oder Taschen, an Messerscheiden oder Messergriffen.
  • 1371 (Rat zu Strassburg)
    Erlaubt ward mit Seide „Beschlängeltes“, so auch an den Mänteln und Röcken oder an den Hauptknopflöchem, statt der Knöpfe, seidene Bändchen und kleine seidene Preisschnüre. Streng untersagt wurden seidene oder gar samtene Mäntel und Röcke. vDie seidenen Schleier der Handwerkerfrauen sollten nicht mehr denn aus zwölf Fäden, und nur die der Geschlechterinnen oder der vornehmsten Bürgerfrauen höchstens aus zwanzig Fäden bestehen. Die Enden der Schleier seien nicht hoch noch dünn, sondern dick gewirkt oder genäht. – Den Bürgern, sowohl von den Geschlechtern als auch von den Handwerkern, ward verboten an Gürteln, Messern und Taschen geschlagen Silber zu tragen, das drei Mark Silber überstieg; auch weder geschlagenes noch genähtes Silber irgend anderswo als an Schoppen, die zu Harnischen gehören.
  • um 1395-1400 (Nürnberger Polizeiordnung)
    Männern sind verboten : teure silberne Gürtel, silberne Taschen, kleine silberne wälsche Messer und feine Perlen, Perlen- und Silberstickereien auf den Kleidern.
    Frauen sind Seidenkleider, Kleider mit leichtem Seidenzeug – Sendel gefüttert, mit Gold und Silber oder mit Borten besetzt, verboten. Zwei Vehpelze pro Bürgerfrau genügen, Hermelinpelze oder Pelzröcke von Spalt sollen sie nicht tragen.
  • um 1400 (Ratserlass Ulm)
    Keine Frau, weder von (Patrizier) Geschlechtern noch von den Handwerkern, soll Perlen, Goldstickerein, Borten, vielfarbige Seidenbänder oder Besätze an den Gewändern tragen. Seidenstickerein und seidene Bänder, wenn sie anstelle von Knöpfen verwendet wurden, waren erlaubt. Samtene Röcke und Mäntel waren untersagt, seidene Schleier mit Einschränkungen erlaubt.
  • 1411 (Ulm)
    „Die Frauen und Jungfrauen sollen nicht mehr als einen Perlenkranz und zwar von nur zwölf Loth Werth haben. Ärmel mögen sie mit Wehen, Rückenfell oder Schieschen (Fell vom ebengeborenen Lamm), teilweise füttern oder besetzen, die Tapperte und Röcke jedoch sollen ungefüllt verbleiben und unterwärts der Flügel nichts von Hermelin oder Marder sein, noch diese damit gefüttert werden. Zu den Tapperten, Mänteln und Röcken soll man weder Sammet noch Seide nehmen, höchstens ein seidenes Tuch unter die Mäntel. An Halsbändern, Kränzen, Bändeln und Kleidern sei nichts von Perlen, Edelsteinen, goldenen Ringen, geschlagenem oder genähtem Silber und Gold, nichts von Borten, weder von Seide, Wolle noch sonstigem Fadenwerk. Fremde Dienstboten sollen keine seidenen, sondern nur wollene und leinene Bändel tragen nicht über einem festgesetzten Wert tragen.
  • ums Jahr 1420(Chronik von Kreuzburg)
    Die Mägde trugen Haarbänder von Silber, vergoldete Spangen und hangende Flammen (Schleier) zum Geschmuck auf den Häuptern; Die Frauen und Mägde hatten an den Röcken doppelte dicke Säume, handbreit.


Teil 2 folgt im nächsten Beitrag 😉

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