König Artus „Die Suche nach dem Heiligen Gral“ als Wandteppichserie

König Artus und die Ritter der Tafelrunde und ihre Suche nach dem Heiligen Gral als Wandteppichserie – gewebte Wandbilder – von William Morris und Sir Edward Burne-Jones.

W6040_william_morris_suche_nach_dem_gral_guinevreSir Edward Burne-Jones (1838-1898) wollte für den Betrachter mit seinen Werken ein Reich der Schönheit und Harmonie erschaffen, ein Reich, das in sich künstlerische Elemente der Antike, des Mittelalters und der Renaissance vereinte.
Edward Burne-Jones gehört zu der Gruppe englischer Künstler der 2.Hälfte des 19. Jahrhunderts, deren Bilder und Kunstwerke unsere heutige romantische Vorstellung vom Mittelalter maßgeblich geprägt haben, deren Bilder jeder Mittelalterinteressierte kennt, deren Namen jedoch kaum bekannt sind. Bis heute werden sie als Romantiker und Rückwärtsblickende nicht wirklich als Künstler ernst genommen. Sie hatten keinen bahnbrechend neuen künstlerischen Ausdruck wie die Impressionisten ihrer Zeit, sie schienen verzweifelt an einer romantisierten vergangenen Schönheit festzuhalten, altmodisch und unmodern.
Dennoch berühren ihre Werke, sie spiegeln heute genau wie damals unsere Sehnsucht nach Schönheit, Harmonie, Romantik in unserem Leben wider. Sie sind nicht…modern, avantgardistisch, interpretationsbedürftig…sie sind einfach…schön.
Ich mag diese Künstler. Es war die Zeit der industriellen Revolution in England. Handwerk wurde industrialisiert, Handarbeit von Maschinen übernommen. Begriffe wie Effizienz, Produktivität, Vereinfachung, Funktionalität, Massenproduktion, hohe Gewinnspannen, Kostenminimierung wurden wichtig bei der Herstellung. Es ging nicht mehr darum, Material in seiner schönsten Form zu zeigen, etwas Schönes, Bleibendes und handwerklich hervorragend Gearbeitetes zu erschaffen. Für diese Künstler der „Arts and Crafts“ Bewegung und Präraffaeliten verschwand damit das Schöne aus dem (Alltags-) Leben, es gab keine Ästhetik, nur noch „maschinell“ und „mechanisch“.
Mit ihren Werken wollten sie Schönheit in den Alltag (zurück) bringen, auf das Schöne (nicht maschinelle Welt) der natürlichen Welt hinweisen. Ohne diese Schöhneit war die Welt in ihren Augen kalt und unwirtlich, die Menschen würden in ihr verkümmern.

Zitat Edward Burne-Jones: „Um ein großer Maler zu sein, muss ein Mann…ein Träumer sein und darf sich seiner Träume nicht schämen; […] von leidenschaftlicher Hingabe beseelt, darf es für ihn, wie für Sir Galahad, nur einen einzigen Heiligen Gral und eine einzige Suche geben: die Schönheit und das lebenslange beharrliche Bemühen, auf schöne Weise jene Lieblichkeit und Schönheit zu erkennen und zu interpretieren, die zugleich seine Inspiration, seine Verzweiflung und seine eigene Hoffnung ist.“
Tja, wenn man sich das Auenland, Bruchtal oder Lothlorien im Herrn der Ringe ansieht, historische Märkte, die fantastischen Welten im www – haben wir heute nicht noch genau diese Sehnsucht nach Schönheit und Harmonie?

Die Artuslegende als Erzählung von Sir Thomas Malory war das Lieblingswerk von Sir EBJ und William Morris. Wie Georgiana Burne Jones schrieb, wurde dieses Buch wohl nie mehr geliebt als von diesen beiden Männern. Die beiden waren Freunde, seit sie 1855 beschlossen hatten, ihr Theologiestudium abzubrechen und als Künstler zu arbeiten und sie arbeiteten bis zu ihrem Tod eng zusammen. Ich denke, sie sahen sich selbst als Suchende – wie ein christlicher Ritter durch seine Ausbildung geschult war, nach dem Gefäß mit dem Blut Christi zu suchen – so waren ihre Sinne als Künstler besonders geschult, nach wahrer Schönheit im Leben zu suchen. Und sie konnten diese Schönheit in ihren Werken sichtbar machen.

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Holy Grail tapestry Knights round table Stanmore Hall
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Holy Grail tapestry Arming-Departure Stanmore Hall
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Holy Grail tapestry Lancelot Stanmore Hall
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Holy Grail tapestry Galahad Stanmore Hall

Mit dem Auftrag von dem Unternehmer William Knox D’Arcy 1890, seinen neu erworbenen Landsitz in Stanmore Hall in Middlesex komplett auszustatten (von Morris & Co.) hatten sie endlich die Möglichkeit, diese ihre liebste Geschichte in Bilder zu kleiden. Sie wählten aus der Artussage die Suche nach dem Heiligen Gral als Thema für die 6 Wandteppiche, mit denen die Wände des großzügigen Speisezimmers bekleidet wurden. Für sie war das sicherlich das Kernthema.
Bis auf „Das Scheitern/ der Traum von Sir Lancelot“ sind alle Teile heute im Birmingham Museums and Art Gallery zu besichtigen.

„Die Berufung der Ritter“
Burne Jones Holy Grail_Ritter der Tafelrunde_die_Berufung
Der Wandteppich hat im Original eine Größe von 245 x 535 cm.
Der Tafelrunde erscheint die Gralsbotin, die Verkünderpose hat Edward Burne-Jones von Leonardo da Vinci übernommen. Der leere Stuhl ist der Sitz Galahads. König Artus trägt die ins heldenhafte gesteigerten Gesichtszüge von Burne-Jones. Bei Malory zeigen Tauben das Erscheinen des Grals an, diese Gralsboten finden sich hier paarweise auf dem Dach. Während die Kleidung an die römisch-griechische Antike erinnert, haben die Blumen am unteren Bildrand ihren Ursprung in den Mille Fleurs Hintergründen, die im Spätmittelalter so beliebt waren.

„Bewaffnung und Verabschiedung der Ritter“
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Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten in Stanmore Hall – dort wurde der Wandteppich in einer Ecke platziert – teilten Burne-Jones und Morris ihn vertikal, indem sie das Motiv gleichsam doppelten. Das Original ist 244 x 362 cm groß. Die Ritter scheinen sich unter den den oberen Rand zu ducken – damit bewirkten die Künstler eine monumentale Wirkung der Szene. Schließlich sollen die Ritter über sich hinauswachsen, indem sie sich auf diese Suche begeben. Ganz links verabschiedet Königin Guinevre traurig Sir Lancelot und reicht ihm seinen Schild – die beiden soll eine heimliche Liebe verbinden. Ich kenne Sir Lancelot eigentlich dunkelhaarig, weil er keltische Vorfahren hat… Die Gewänder der Damen sind im frühmittelalterlichen Stil gehalten, die Rüstteile und Helme (Schaller) sind ins Spätmittelalter zu datieren. Die Blumen sind wieder im Mille Fleurs Stil gewebt, wobei insbesondere die Papageientulpen den typischen floralen Morris-Jugendstil zeigen, den ich liebe!

„Das Scheitern von Sir Gawein und Sir Uwein“
Burne Jones Holy_Grail_tapestry_The_Failure_of_Sir_Gawaine
Das Original hat eine Größe von 244 x 289 cm. Dieses Motiv kann ich leider nicht als Wandteppich anbieten.
Die beiden Ritter stehen vor der Gralskapelle – der helle Lichtschein weist auf den Gral im Inneren hin – doch ein Engel verwehrt ihnen den Zutritt. Bei Sir Thomas Malory heißt es: „Ritter von schlechter Treue und armem Glauben, an diesen zwei Dingen fehlt es Euch, und darum könnt Ihr nicht zu den Abenteuern des Grales kommen.“ Neben den Mille Fleurs Blumen ranken sich Dornen um die Hufe und im Stil von Dornröschen wie ein Schutz um die Kapelle.



„Das Scheitern von Sir Lanzelot vor der Gralskapelle“ oder auch
„Der Traum von Sir Lancelot“
Burne Jones Holy Grail_Sir_Lancelots_dream
Dieses Motiv kann ich leider auch nicht als Wandteppich anbieten. 🙁 Das Gemälde vom Traum ist 139 x 170 cm groß.
Sir Lancelot darf durch die zerbrochene Tür sogar den Gral sehen, sich ihm jedoch ebenfalls nicht nähern. Er hatte kurz zuvor versehentlich seinen Sohn Galahad angegriffen. Er legt sich vor der Kapelle nieder. Als er erwacht, fordert ihn eine Stimme auf, die heilige Stätte zu verlassen. Kettenhemd und Waffenrock sind typisch für das Hoch- Mittelalter der Kreuzfahrer, der Schaller genannte Helm stammt aus dem 15. Jahrhundert.
Diesen Wandteppich „Das Scheitern“ greift Burne-Jones in einem späteren Gemälde „Der Traum Sir Lancelots vor der Gralskapelle“ auf – diese Variante finde ich persönlich noch schöner.

Holy_Grail_tapestry_The_Ship„Das Schiff“

Dieses Motiv wurde aufgrund der räumlichen Gegebenheiten gefertigt und ist im Original 239 x 104 cm groß. Den Typus des bauchigen Wikingershiffes verwendete Edward Burne-Jones in vielen Werken – er hatte ein Modell davon in seiner Werkstatt. Ich kann es ebenfalls nicht als Wandteppich anbieten.





„Die Erfüllung“

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Dieses Motiv gibt es in einem Stück oder in zwei Teilen: Das Gebet und Die Vision vom Gral, außerdem gibt es die Gralshüter – Drei Engel als Einzelmotiv.
Das Original ist fast 7 Meter lang und 244 cm hoch und wurde für die gesamte rückwärtige Wand des Speisesaals von Stanmore Hall angefertigt.
Neben „Die Berufung“ war es das beliebteste Motiv der Serie – noch 1927 wurden beide Wandteppiche für Lympne Castle in Kent angefertigt.
Ganz links sehen Sir Bors und Sir Parzival den Gral nur aus der Ferne – ein Annähern wird von drei Engeln verwehrt. Den knieenden Sir Parzival schuf Burne-Jones nach Abbildungen auf den Deckplatten von mittelalterlichen Grabmälern. Die Engel mit auffälligen roten Flügeln ähneln stilistisch sehr Darstellungen auf byzantinischen Mosaiken. Ihre Gewänder sind aus kostbaren Stoffen gefertigt. Die drei Engel wirken übrigens auch als Einzelmotiv wunderschön.
Sir Galahad ist der Einzige, der den Gral aus der Nähe sehen darf, die Lilien stehen für seine Reinheit.
Nach den geschlossenen Kapellen der anderen Szenen ist die Kapelle hier licht und offen, drei Engel kieen betend hinter dem Tisch, auf dem der Gral steht.

„Wappenschilde und Rehwild“
W6050 Burne-Jones Holy Grail - Wappenschilde und Rehwild
Dieser Wandteppich hing in Variationen als Sockelabdeckung unter den Anderen. Er war 155 x 315 cm groß. Über den Rehen sind die Schilde der Ritter zu sehen, die die Gralssuche aufgegeben haben. Morris recherchierte die Wappenfarben akribisch. Die Spruchbänder darüber fassten die Szene des Wandteppichs darüber zusammen und stammten von William Morris.
In der heute erhältlichen Variante hat das Motiv eine Bordüre aus Wappen.

Die Serie wurde 1895 vollendet.
Übrigens wie in den Original Wandteppichen werden in den Repliken das Metall der Rüstungen und Silber in Wappen und Wappenschilden in schimmernder Seide gewebt. Mich hat diese Serie dazu bewegt, mir bei www.zvab.de die Artuslegende von Sir Thomas Malory zu kaufen. Es gibt sie als Taschenbuch mit Illustrationen von dem englischen Jugendstilkünstler Aubrey Beardsley.

Es gibt noch ein Werk von Burne-Jones, das die Artuslegende zum Inhalt hat:

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Edward Burne-Jones König Artus auf Avalon
„Der Schlaf des König Artus in Avalon“

Das Gemälde ist mit seiner Größe von 280 x 650 cm das Größte, das er malte. Es wurde 1881 von engen Freunden, dem Earl und der Countess Carlisle, für ihre Bibliothek auf Naworth Castle in Auftrag gegeben. Das Schloss liegt in der Grafschaft Cumbria, in der viele der Artuslegenden spielen. Zahlreiche Skizzen belegen, welch tiefe Bedeutung das Bild für Edward Burne-Jones hatte. Der König ruht in einem Mausoleum, das im Baldachin mit Szenen aus „Le Morte d’Artur“ verziert ist. Der Kopf des Königs ruht im Schoß von Morgan le Fay, für die seine Tochter Modell saß – es gibt eine wunderschöne Bleistift Portraitstudie ihres Kopfes. Die ihn umgebenden Frauen sind Königinnen, die den Ruf erwarten, König Artus zu wecken, damit er dereinst in sein Reich zurückkehren kann, wenn es ihn am dringendsten braucht. Burne-Jones identifizierte sich so sehr mit diesem Artus, dass er seine Freunde bat, ihren Auftrag zurück zu ziehen, damit er das Gemälde behalten konnte. Er arbeitete bis zu seinem Tod 1898 daran und es wurde für ihn zu seiner eigenen Vision. Schade, dass es dieses Motiv nicht als Wandteppich gibt – ich finde es wunderschön!

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