„Mittelalterliche Bilder“ die unsere Vorstellung bis heute prägen

„Mittelalterliche Bilder“ englischer Künstler des 19. Jahrhunderts, der Präraffaeliten, die unsere Vorstellungen vom Mittelalter bis heute prägen, obwohl kaum jemand die Künstler kennt.

Auf viele von uns übt das Mittelalter eine große Faszination aus. Ritter, Abenteuer, ruhmreiche Schlachten, herrliche Kleider und schöne, umworbene Frauen, blinkende Rüstungen, glänzende Schwerter, gemütliche Abende in heimeligen Burgen am knisternden Feuer, rauschende Hoffeste mit erlesenen Speisen und Tanz und Unterhaltung, prachtvolle Turniere mit tapferen Kämpen und schönen Damen in feinen Gewändern…so in etwa ist der „Einstieg“ ins Mittelalter.

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Sir Frank Dicksee „The Two Crowns“ 1900
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Frank B. Dicksee „La Belle Dame Sans Merci“ 1901
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Sir Edward Burne Jones „Perseus Der Schicksalsfelsen“ 1885-1888

Da gibt es als Kind die Märchenbücher mit den wunderschönen Bildern, die tollen Geschichten von König Artus und Robin Hood und natürlich die tschechischen Märchenfilme mit den tollen Gewändern und Rüstungen. Oder diese Familien-Ritterfilme aus den 50ern und 60ern („Helden in Strumpfhosen“ 😉 ). In der Schule erfährt man ein wenig über die Städte, die Erfinungen des Mittelalters, die Kirche…
In Museen sieht man Alltagsgegenstände, Schmuck, Gemälde, Wandbehänge, wundervolle Bücher und Schriften…
Dann gibt es da für Leseratten unzählige Romane, die im Mittelalter spielen…und so entsteht ein Bild, ein Reich voller Abenteuer, Romantik, Fantasie und mit so vielen Facetten, die es im heutigen Alltag nicht gibt. Fast Jeder war schon einmal auf einem „Mittelaltermarkt“, einem historischen Stadtfest, einem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt…und für so einige wird die Faszination so groß, dass sie mit viel Herzblut, Aufwand und …etlichen Talern ihre Freizeit der historischen Darstellung widmen (Reenactment). Auch wenn das jetzt nicht jeder gern hören wird: kein Reenactor wurde „authentisch“ geboren, sondern man liest sich mit der Zeit rein, besucht Museen, tauscht sich mit anderen aus und entscheidet sich dann für seine Darstellung (meist ändert sich das ab und an “ der Trend geht zur Zweitzeit“…).

Aber: auch im tatsächlichen Mittelalter gibt es sie, die wunderschönen, kostbar gekleideten Damen, die gutaussehenden Ritter in ihren blinkenden Rüstungen. Ab dem Spätmittelalter wurde die Malerei sehr naturalistisch und realistisch, natürlich idealisiert.

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Andrea Solario „Salome mit dem Haupt von Johannes dem Täufer“ 1506
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Dosso Dossi A Condottiere um 1520
2015-11_Andrea Solario_Salome with the head of John the Baptist  1520
Andrea Solario „Salome mit dem Haupt von Johannes dem Täufer“ 1520 1520

Und genau diese Bilder, Altarbilder, Gemälde, Tafelbilder, Heiligenbilder inspirierten die englischen Präraffaeliten und die „Arts and Crafts“ Bewegung zu ihren so herrlich romantisch-schönen Bildern.

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Sir Edward Burne Jones Studie zu Perseus um 1876
2015-11-Frederick_Sandys_Copy of a 15th century Brocade Design
Frederick Sandys Copy of a 15th century Brocade Design

Ihre Zeichnungen und Gemälde finden sich in vielen Büchern über das Mittelalter, jeder kennt solche Bilder ohne zu wissen, wer oder was die Präraffaeliten waren. Sie wurden und werden oft belächelt als „altmodisch“ und „viktorianisch“ und doch…haben sie uns ALLE in gewisser Weise beeinflusst.
Die beiden nebenstehenden Zeichnungen zeigen, dass sie intensive Studien von Originalgemälden, Tafelbildern, Altarbildern, mittelalterlichen Grabplatten, musealen Ausstellungsstücken betrieben haben. Natürlich haben sie das männliche und weibliche Schönheitsideal ihrer Zeit verwendet, das war und ist bis heute so. Aber viele Details der Kleidung, der Rüstung, der Körperhaltung, Stoffmuster entsprechen mittelalterlichen Vorbildern. Genau wie die mittelalterlichen Künstler haben sie „Ausländer“ mit „ausländischen“ Details dargestellt – zum Beispiel oben an der Rüstung von Perseus zu erkennen – „göttliche Details“ der griechischen Antike. Auf den alten Tafelbildern gibt es bisweilen wirklich kuriose Rüstungsdetails oder Kopfbedeckungen…damit könnte ich allein schon mehrere BLOG-Beiträge füllen.

2015-11_Frank_Cadogan_Cowper_The Blue Bird 1918
Frank Cadogan Cowper „The Blue Bird“ 1918
Frank_Cadogan_Cowper_la_belle_dam_sans_merci-1926
Frank Cadogan Cowper „The Beautiful Lady Without Mercy“ 1926
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Sir Frank Dicksee „Chivalry“ 1885

Ich bin zum einen durch meine Liebe zum Jugendstil mit ihnen in Berührung gekommen, zum anderen durch meine Liebe zum Reenactment Spätmittelalter. Und …da gibt es diese herrlichen Wandteppiche bei Almerlin. Nachforschungen über die Originale haben mich zum Kauf diverser Bücher inspiriert. Und…ich mag sie! 🙂 Bis heute werden sie als Romantiker und Rückwärtsblickende nicht wirklich als Künstler ernst genommen. Sie hatten keinen bahnbrechend neuen künstlerischen Ausdruck wie die Impressionisten ihrer Zeit, sie schienen verzweifelt an einer romantisierten vergangenen Schönheit festzuhalten, altmodisch und unmodern.
Dennoch berühren ihre Werke, sie spiegeln heute genau wie damals unsere Sehnsucht nach Schönheit, Harmonie, Romantik in unserem Leben wider. Sie sind nicht…modern, avantgardistisch, interpretationsbedürftig…sie sind einfach…schön.
Ich mag diese Künstler der Arts-and-Crafts Bewegung und die Präraffaeliten – Frank Cadogan Cowper (1877-1958) gilt übrigens als „der Letzte der Präraffaeliten“.
Wenn man sich mit diesen Künstlern und ihrer Zeit beschäftigt, beginnt man zu verstehen, was sie bewegt und angetrieben hat. Es war die Zeit der industriellen Revolution in England. Handwerk wurde industrialisiert, Handarbeit von Maschinen übernommen. Begriffe wie Effizienz, Produktivität, Vereinfachung, Funktionalität, Massenproduktion, hohe Gewinnspannen, Kostenminimierung wurden wichtig bei der Herstellung. Es ging nicht mehr darum, Material in seiner schönsten Form zu zeigen, etwas Schönes, Bleibendes und handwerklich hervorragend Gearbeitetes zu erschaffen. Für diese Künstler der „Arts and Crafts“ Bewegung und Präraffaeliten verschwand damit das Schöne aus dem (Alltags-) Leben, es gab keine Ästhetik, nur noch „maschinell“ und „mechanisch“.
Mit ihren Werken wollten sie Schönheit in den Alltag (zurück) bringen, auf das Schöne (nicht maschinelle Welt) der natürlichen Welt hinweisen. Ohne diese Schöhneit war die Welt in ihren Augen kalt und unwirtlich, die Menschen würden in ihr verkümmern.

Meinen nächsten Blog widme ich einer wunderschönen Wandteppichserie von Sir Edward Burne-Jones und William Morris: aus der Artus Sage „Die Suche nach dem Heiligen Gral“. Die Artuslegende als Erzählung von Sir Thomas Malory war das Lieblingswerk von Sir EBJ und William Morris. Wie Georgiana Burne Jones schrieb, wurde dieses Buch wohl nie mehr geliebt als von diesen beiden Männern.

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