Anfertigung eines Banners/ einer Standarte nach dem Entwurf eines Kunden – möglich ist (fast) Alles!

Kannst du mal eben…?“
Jeder kennt diesen Satz und Jeder weiß: “Mal eben” dauert immer (besonders) lange…
Jeder macht diese Erfahrung, auch ich. Mit dem Unverständnis für Arbeitszeiten und ihren Preise. Damit, dass man sich selbst verschätzt, was den zeitlichen Aufwand betrifft. Ein Laie kann sich nur schwer vorstellen, wie lange es dauert, eine Sonderanfertigung zu denken, zuzuschneiden und zu nähen. Deswegen nehme ich solche Aufträge nur sehr selten an. Ich habe einfach keine Lust (mehr), zu diskutieren oder mich zu rechtfertigen. Ich habe mir im Lauf der Jahrzehnte nach Ausbildungen zum Schneider und Raumausstatter und 10 Jahren Mittelalterverein – Lagerausstattung und Gewandungen – enorme Fähigkeiten in der Arbeit mit Stoffen und der Fertigung von historischen Objekten und Wohntextilien aller Art angeeignet. Mit “Nadel und Faden” macht mir so schnell Keiner etwas vor. Ich bin Perfektionistin und setze Vorstellungen mit größtmöglicher Detailtreue um – alles, was machbar ist.
Und da verhandle ich nicht über Preise – der Preis ist immer fair.

Wer das zu schätzen weiß, bekommt das Gewünschte. So wie das Banner/ die Standarte für die “Eriksippe”. Die Notizen und Ausdrucke zeigen, wieviel Zeit der Besteller in den Entwurf gesteckt hat, wie viele Gedanken, wie viel Liebe zum Detail. Den Turm hat er selbst entworfen und in Gold bei einem Kontakt von mir sticken lassen. Auf einem wundervollen gemusterten Wolle-Seide Damast aus meiner Schatzkiste.

Ich habe dann seine Ideen umgesetzt: Viertelkreis, Einfassung mit einem tannengrünen Naturstoff, an den geraden Seiten Schlaufen, prunkvoll, doppelseitig. Das Schwierige bei einer solchen Standarte ist die doppelseitige Gleichheit. Fünf Stunden Arbeit in etwa vom Erstellen der Arbeitsschritte bis zur Fertigstellung. So lange?! Ich habe die Arbeitsschritte mit Fotos dokumentiert, um es mal zu zeigen:

  • Zuschneiden, Zusammennähen, Bügeln, Verstürzen der Schlaufen, verzieren mit Goldpaspel rechts und links, Zuschneiden, doppelt legen, nähen
  • Zuschneiden der geraden Einfassung – da oben die Schlaufen eingelegt werden müssen – in 4 Teilen. Aufbügeln von Vlies zur Verstärkung, Annähen einer goldenen Paspel an der Innenkante (sieht nicht nur edel aus, sondern verhindert im Fall die Standarte wird nass, ein Ausbluten der grünen Farbe auf den cremefarbenen Damast)
  • Positionieren der Schlaufen und Ermittlung der Rundung – zunächst habe ich einen Viertelkreis gezeichnet und dann nach Augenmaß so angeglichen, dass es “gut aussieht”.
  • Zuschneiden der Einfassung aus dem Wollstoff nach der Schablone, Aufbügeln von Vlies, an der Innenkante Annähen der goldenen Paspel, neben der Außenkante Aufnähen einer goldenen Borte für den Prunk, Zusammennähen der beiden Teile, einschneiden, verstürzen, Absteppen der Aussenkante
  • Auflegen der Einfassung an der Rundung, Seite eins Feststeppen im Nahtschatten der Paspel, Aufstecken an der zweiten Seite und Feststeppen im Nahtschatten der Paspel und möglichst auf der Naht von Seite eins (perfekt gelingt so etwas mit einer Handnaht – dauert natürlich wesentlich länger)
  • Annähen der Schlaufen an die obere und seitliche Einfassung – zunächst an Seite eins, Einfassung auf links umschlagen und im Nahtschatten Seite zwei annähen; danach verstürzen.
  • Aufnähen der seitlichen und oberen Einfassungen in der gleichen Art
  • Das letzte Stück wird von Hand vernäht, überbügeln, fertig.
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    Der Kunde hat eine zweite Standarte aus dem Drachenorden-Motiv bestellt. Auch diese doppelseitig. Das Problem: der Feueratem des Drachens, der sehr asymmetrisch ist. Das Motiv soll auf Vorder. und Rückseite trotzdem mäglichst ganz zu sehen sein. Ich habe dafür die Schablone des Turmbanners genommen und konnte so diese Standarte exakt in der gleichen Größe fertigen. Hier gab es keine Einfassung, da der Stoff im Hintergrund das Flammenkreuz des Drachenordens zeigt, aber dafür eine Verzierung der Rundung mit einer schicken antikgoldenen Franse (das Kreuz des Drachens ist auch mit Goldfäden durchwoben)… Arbeitszeit etwa zwei Stunden…

    Zusammenfassung: machbar ist Vieles, fast Alles, aber Können hat seinen Preis. Und das Problem bei Näharbeiten ist, dass je aufwändiger und prunkvoller, umso langwieriger – das “Grobe” dauert 50% der Zeit, der “Feinschliff” ebenfalls 50%.
    Da dem Kunde das bewusst war, hat mir der Auftrag viel Spaß gemacht!

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